Shit happens eben doch

Gerade noch hatte mir Steve Jobs mit Stay hungry, stay foolish aus der Seele gesprochen, kurze Zeit später war ich schon satt und ängstlich. In meinem Lebenslauf finden Sie: den unbedeutenden Namen Isabelle Hüter, die stromlinienförmigen Karriereschritte auf der Konzernleiter bis zum Chief Human Resources Officer, dazu die obligatorischen zwei Kinder, den liebenden Ehemann seit 23 Jahren.

Oops, Moment. Da brauchen Sie jetzt eine aktualisierte Fassung: Besagter Ehemann hat sich ein BMW-Cabrio gekauft. Nur: Ich sitze nicht neben ihm sondern eine Kopie meiner Selbst, geschätzte 30 Kilogramm leichter, geschätzte 30 Jahre jünger. Ich stehe hinter dem Wagen, mein Mann lässt den Motor aufheulen, bläst mir aus Doppelrohren die Abgase ins Gesicht. Und weg ist er. Statt Ansichtskarten bekomme ich Anwaltsbriefe, statt schönen Grüssen interessante Unterhaltsforderungen. Ich sehe uns noch am Frühstücktisch, wir lesen uns von der Rosenkriegen gegenseitig aus der Zeitung vor: »Uns passiert das doch nicht.«

Shit happens eben doch. Doch ich bin nicht wegen ihm in meinem selbst gewählten Exil. Das gönne ich ihm und seiner Sozius nicht. Ich bin hier, weil ich eine Auserwählte bin. Zuerst eine weltgewandte Begleiterin, da habe ich in meiner Mappe den Hügel als Skizze des Künstlers kennen gelernt. Dann habe ich auf der Wiese den Hügel in der Realität gesehen. Mich in ihn verliebt. Ganz nah wollte ich diesem Hügel sein. Der Künstler fand es eine Woche irritierend, dann schaute er ernst, nickte und ließ mich einziehen.

Über documenta

Über Briefe und Notizen erhält Andreas Knierim in unregelmässigen Abständen Nachrichten von "Isabelle Hüter". Sie bewohnt, nach eigenen Aussagen, das Kunstwerk von Song Dong "Doing Nothing Garden" auf der dOCUMENTA (13) auf der Karlsaue in Kassel.
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