Ich danke Ihnen

11. Juni 2012: AK hat mir gestern Ihre Kommentare in den Briefkasten gelegt. Ich sehr, sehr erstaunt. Sie lesen das, was ich schreibe! Und Sie ermuntern mich, weiter zu schreiben.

Sofort kommen mir die Tränen. Sie nehmen teil an meinen Erfahrungen und es scheint sie zu interessieren, was ich denke und tue. Und nicht tue. Danke dafür. Danke auch dafür, dass Sie mir Unterstützung anbieten. Sie sind im Geiste bei mir, das ist gut zu wissen.

Und natürlich muss ich jetzt aufpassen, Ihnen nicht verpflichtet zu sein. Das kenne ich aus meinem bisherigen Leben: Die Pflicht zu haben, etwas zu tun.

Um es Ihnen gleich zu sagen: Ich werde genau das nicht tun. Nichtstun braucht viel Bewusstsein.

Ja: Ich schreibe weiter. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich alles nach außen geben werde. Ich brauche den Rückzug, das Schreiben nur für mich.

Es geht mir auch wieder etwas besser, ich gewöhne mich an den Trubel. Ich erkunde seit gestern meine Nachbarn in den Häuschen und im Gelände ringsrum. Ich habe schon Champagner getrunken bei einer Künstlerin, die Zypressen in Töpfe gestellt hat. Nach einem Becher war ich vollständig betrunken! Dann habe ich eine Klanginstallation besucht, war mir aber zuviel. Dann gibt es noch eine Künstlergruppe, die sich mit der Natur auseinander setzt. Genauso mache ich es! Ich bin im Kontakt mit der Natur, jeden Tag, jede Nacht. Ich fühle mich sehr verbunden mit diesen Künstlern und der Kunst.

Ich habe mich dann nicht mehr weiter getraut. Too much people.

Am schönsten ist es natürlich bei meinem Hügel. Mit den Menschen am Rand des doing-nothing-garden zu sitzen hilft mir sehr, meine Vergangenheit zu verarbeiten. Endlich weg zu sein von dem, was mich zerfressen hat im Laufe der Jahre. Mir wird klar, dass ICH das alles gemacht habe, nicht die Anderen. Ich habe jedes Mal die Latte höher gelegt und bin dann gesprungen, gesprungen und wieder gesprungen. Bin nicht mehr drüber gekommen. Jetzt schaue ich aus meinem Hügel auf die Hochsprunglatten um mich herum und lasse sie da liegen, wo sie sind. Irgendwie springe ich gerade in eine andere Zeit.

Es ist so meditativ hier am Erdhügel, das spüren die Menschen. Sie reden und sie reden wieder nicht. Wenige schauen auf ihre Smartphones, viele tun: nichts! Herzlich willkommen.

Über documenta

Über Briefe und Notizen erhält Andreas Knierim in unregelmässigen Abständen Nachrichten von "Isabelle Hüter". Sie bewohnt, nach eigenen Aussagen, das Kunstwerk von Song Dong "Doing Nothing Garden" auf der dOCUMENTA (13) auf der Karlsaue in Kassel.
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